Immer wieder komme ich mit Eltern ins Gespräch, die ihre Beziehung zu ihrem Kind ganz anders gestalten, als ich es tue oder es für meine Beziehung mit meinem Sohn möchte.

Wenn ich von meinen Überzeugungen spreche, stellt sich anhand der Reaktionen oft heraus, dass sich die Eltern allein von der Darstellung meiner anderen Sichtweise kritisiert fühlen oder das Gefühl erhalten, dass ich der Ansicht sei, dass sie es „falsch“ machen.

Ich gebe zu, dass es natürlich Momente gibt, wo das so ist, wo ich innerlich (und manchmal auch offen) Werturteile spreche und wo ich mir in Momenten der Eitelkeit einbilde, irgendwas „besser“ zu machen.

Die Wahrheit aber ist, dass es darum nicht geht und dass ich selbst etwas nicht begriffen habe, in dem Augenblick, in dem ich so denke:

Jeder Mensch ist auf dem Weg und bringt seine individuelle Geschichte mit.

 

Und jeder Mensch ist zu dem Zeitpunkt, an dem ich ihn treffe, genau DA wo er ist und kann nirgends anders sein.

Aber jeder Mensch hat genau wie ich in jedem Augenblick eine Wahlfreiheit, wie er seinen Mitmenschen begegnen möchte. Diese ist uns zwar selten bewusst, aber tatsächlich treffen wir in JEDEM Moment Entscheidungen, auch wenn wir es nicht tun. (Auch Menschen, die sich nirgends richtig festlegen wollen, treffen Entscheidungen.) Jedoch können wir Entscheidungen immer nur auf der Basis treffen, die wir in diesem Moment überblicken und verstehen können und so könnte es sein, dass ich dasselbe Gespräch im Abstand von fünf Jahren führe und VÖLLIG unterschiedliche Dinge daraus mitnehme und über andere Dinge nachdenke.

Leben ist Entwicklung. Leben ist Prozess. Und das ist saumäßig spannend.

Und eigentlich wünsche ich mir – auch wenn ich manchmal die Tendenz habe mein Gegenüber zuzutexten (okay, lassen wir das „manchmal“ ruhig weg) – dass ich mich mit meinem Gegenüber verbinde und wirklich darüber spreche, wer er ist und woher er kommt und was ihn zu seinen Ansichten bringt, dass ich seine Fragen und Einwände ernst nehme und mich nicht über ihn erhebe, sondern mich einfach nur zeige – wie ich bin, wie ich denke, wie ich fühle. Das ist alles. Und dann wünsche ich mir loslassen zu können und den Dingen ihren Lauf zu lassen, ihren Fluss.

 

Eine herausfordernde Reise

Bedürfnisorientierte Elternschaft und bedürfnisorientiertes Leben (denn wie könnten sich diese Gedanken nur auf unser Kind beziehen?) ist eine Reise, die uns herausfordert. Eine Reise, die uns zwingt, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen.

Vielleicht ist dieser Vergleich gar nicht mal so schlecht: Wenn ich mir das erste Mal vornehme, in ein Land mit einer sehr fremden Kultur zu reisen, die ich noch nicht kenne, dann wird mir alles sehr fremd vorkommen und mir vermutlich auch Angst machen. Die Verhaltensweisen, die ich noch nicht kenne und verstehe, lösen vielleicht auch einen starken „Gegenreflex“ aus und eine Sehnsucht nach der Heimat, dem Vertrauten. So wird gerade die erste Zeit eine große Herausforderung – sprachlich und kulturell. Und Missverständnisse und komische Situationen sind vorprogrammiert (kürzlich las ich einen Korea-Reisebericht und war ganz verblüfft über die unfassbaren kulturellen Unterschiede und die vielen Möglichkeiten sich völlig zum Horst zum machen oder sich und andere zu diskreditieren). Hat man sich dort einige Zeit aufgehalten, kommt es einem (hoffentlich) leichter vor und man gewöhnt sich an einige Dinge. Sie gehören noch nicht zur Natur, kommen einem aber auch nicht mehr so seltsam und sperrig vor wie zu Beginn. Dennoch wird es immer wieder Situationen geben, in denen wir auf unsere eigene kulturelle Prägung zurückgreifen wollen und es auch automatisch tun, denn wir HABEN ja keine andere Prägung.

Und so erlebe ich es im Umgang mit meinem Sohn auch. Es ist bei weitem nicht so, dass ich alles, was ich so vor mich hin predige, problemlos in meinem Alltag umsetzen könnte. Theorie ist manchmal eben auch nur Theorie. Es begegnen mir neue Situationen, die neue Auseinandersetzung mit mir selbst erfordern und mich erst mal an meine Grenzen bringen. (Und ich kann Ihnen sagen,dass ich an meiner Grenze ganz schön unausstehlich bin.) Aber es fällt mir leichter zu erkennen, dass hier gewaltig etwas schiefläuft, da diese Situationen nicht zu unserem sonstigen Umgang passen und ich hier auch ein sehr deutliches Feedback erhalte. Und ich erlebe es als Bereicherung mich dann auf die Suche nach den Gründen für meine starken negativen Gefühle machen zu dürfen und nach neuen Wegen zu suchen, die uns beide – meinen Sohn und mich – SEIN lässt.

 

Wer bin ich und wer möchte ich sein?

Ich möchte eben nicht nur wissen, wer ich bin und wo ich herkomme.

Ich möchte mich immer fragen, wo ich HIN will, wer ich sein MÖCHTE. Denn mein „Ich“ ist nicht statisch, sondern in Bewegung. Zwar kann ich mich nicht so zaubern, wie ich mich haben möchte, aber ich darf probieren, mich auf den Weg machen und neue Wege gehen. Und wenn ich die Bereitschaft habe hinzuschauen, inspirieren einen Kinder (und nicht zu vergessen Lebenspartner!) immer wieder dazu NOCH einen Schritt weiter zu gehen.

Diese Challenges anzunehmen, ist ein großer Segen für all unsere Beziehungen – vor allem die zu uns selbst! <3

 


Natascha Makoschey
Natascha Makoschey (33) hat einen 8-jährigen Sohn und arbeitet als Kinderkrankenschwester in der Geburtshilfe.
Wenn sie nicht gerade liest oder das Sams vorliest, zwangsweise Uno spielt, dann quatscht, strickt oder singt sie.

 

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    Natascha Makoschey (Baujahr 1983) hat einen 9-jährigen Sohn und arbeitet als Kinderkrankenschwester in der Geburtshilfe. Wenn sie nicht gerade Bücher liest, zwangsweise Uno spielt oder darüber nachdenken muss, welchen Pokémon sie am liebsten mag, dann quatscht, strickt oder singt sie.

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